Versammlung – Spediteure und Verlader diskutieren die Aussagekraft von SQAS-Bewertungen. Rückblick auf das Annual Meeting der European Chemical Transport Association (Ecta) im November in Düsseldorf.
Von Stefan Klein
Schon seit einigen Jahren findet das Jahrestreffen der europäischen Chemiespediteure in Düsseldorf statt – zentral gelegen zwischen den großen, westeuropäischen Chemiestandorten. In diesem Jahr stand die Tagung noch unter der Nachwirkung des plötzlichen Ablebens des Ecta-Geschäftsführers Mark Twisk im Alter von nur 54 Jahren Ende Juli. Der bei früheren Veranstaltungen so dynamisch auftretende Twisk hinterließ in dem Verband eine Riesenlücke, die aber jetzt geschlossen werden konnte: Ecta-Präsident Andreas Zink präsentierte den Mitgliedern zu Beginn des Jahrestreffens gleich zwei Nachfolger. Neuer Managing Director ist Peter Devos, früher beim Chemiekonzern Monsanto tätig. Als neuen Responsible Care-Koordinator konnte der Verband Evert de Jong gewinnen, der diese Aufgabe zunächst neben seinem Job beim Chemielogistiker De Rijke wahrnehmen wird.
Neue Responsible Care-Themen
Evert de Jong trug in Düsseldorf auch gleich über die Aktivitäten der Ecta in Sachen Responsible Care (RC) vor. So sind am Jahresende drei Veröffentlichungen zu den Themen Management of Change, Be-/Entladen von Silofahrzeugen sowie Reinigen von Silotanks vorgesehen. Im kommenden Jahr stehen dann Leitlinien zu folgenden Themen an:
De Jong will künftig vermehrt nach Möglichkeiten dafür suchen, dass auch kleine Unternehmen Mitglieder bei Ecta bzw. dem Responsible Care-Programm des Verbands werden. Ecta-Mitglieder können sich auf freiwilliger Basis dem RC-Programm anschließen, zurzeit machen 59 von 102 mit. Sie müssen dann alljährlich ihre Key Performance Indicators (KPI) an Ecta melden sowie Verbesserungspläne in diesem Bereich fixieren. Im Gegenzug dürfen sie sich mit dem RC-Logo schmücken, das der Chemischen Industrie signalisiert, es hier mit einem Logistikanbieter zu tun zu haben, der seinen Beitrag zu einer sicheren und nachhaltigen Supply Chain leistet.
SQAS dringt immer mehr durch
Einzige Voraussetzung für eine Teilnahme am RC-Programm ist eine aktuelle Bewertung nach dem Safety and Quality Assessment System (SQAS) der Chemischen Industrie. Neueste Zahlen über SQAS sowie einen Einblick, wie sein Unternehmen das System nutzt, gab Stefan Bartens, verantwortlich für den Logistikeinkauf in Europa beim Chemiekonzern BASF. Das vor gut 20 Jahren eingeführte, europäische SQAS, das im vergangenen Jahr einer umfassenden Überarbeitung bzw. Ergänzung unterzogen wurde, gilt im Vergleich zu ähnlichen Bewertungssystemen auf anderen Kontinenten als das fortgeschrittenste System im Hinblick auf Inhalt und Durchdringung der Chemielogistikbranche. Pro Jahr werden in den fünf SQAS-Modulen derzeit fast 1.000 Bewertungen durchgeführt, gut die Hälfte davon im Modul "Transport Service".Während die Zahl der Assessments, die als so genannte Improvement Action Programs (IMP) von den Logistikdienstleistern auch aktualisiert werden können, eher langsam gestiegen ist, nahmen die Downloads der aus den Bewertungen generierten Reports in den vergangenen Jahren stark zu. 2015 nahm die Chemische Industrie fast 5.400 mal Einsicht in Reports – so viel wie noch nie, nachdem das Interesse zwischenzeitlich (2010-2012) stark nachgelassen hatte.
"Ein SQAS-Report ist bei uns Grundvoraussetzung dafür, überhaupt mit einem Logistiker zusammenzuarbeiten", sagte Bartens. Bei BASF bekommen die Reports je nach Prozentzahl der im Assessment mit "Ja" beantworteten Fragen eine Gesamtnote zwischen 1 und 5, wobei sich ein Logistiker ab Note 3 (80 bis 90 Prozent Erfüllquote) und darunter einen Malus einfängt bzw. sich bei einem Termin Nachfragen stellen muss, was ihn bei Ausschreibungen des Konzerns in einem bestimmten, aber mitunter entscheidenden Ausmaß benachteiligt. Es zählt aber nicht allein die reine Erfüllquote des SQAS-Fragenkatalogs, sondern auch die jeweiligen Kommentare, die der unabhängige Assessor in den Report miteinträgt.
Nach Bartens Vortrag kam es zu einer lebhaften Diskussion zwischen Verladern und Transporteuren. Denn letztere werben in jüngster Zeit immer häufiger mit hohen SQAS-Bewertungen um die 95 Prozent, quasi als offiziellem Endergebnis eines Assessments. Doch die Industrie legt wie gesagt auch Wert auf ergänzende Kommentare, zudem wertet jeder Verlader die einzelnen Punkte im Fragenkatalog gemäß individuellen Templates anders.
Auch äußerten Verlader Zweifel an allzu hohen SQAS-Erfüllquoten. In dem Zusammenhang betonte de Jong, dass die Assessoren, die sich extra schulen und alle drei Jahre neu akkreditieren lassen müssen, unter ständiger Beobachtung von Cefic/Ecta stehen: Wegen mangelnder Qualität von Assessments bzw. Reports kam es jüngst gar zu Abberufungen von Assessoren.
Weitere Vorträge auf dem Ecta Annual Meeting gab es von Dirk-Jan de Bruijn, Programmdirektor der "European Truck Platooning Challenge", über den gleichnamigen Feldversuch, von Peter Brock (Mercedes-Benz) über die Lkw-Entwicklung bis hin zum "Future Truck 2025" sowie von Dr. Max Haberstroh (RWTH Aachen) zum Thema "Logistics 4.0".
(aus: gela 12/16, www.gefaehrliche-ladung.de)
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