Sicherheit – Der Umschlag von flüssigen Chemikalien ist mit vielen Gefahren verbunden. Dies gilt gerade für das Umfüllen von Chlorbleichlauge, hierfür gibt es in der TRGS 500 mit der Anlage 4 eine gesonderte Anleitung.
(Peter Steinbach, VCH, Köln) Wird Natriumhypochloritlösung – häufig auch als Chlorbleichlauge bezeichnet – mit Säure vermischt, so werden nach nur wenigen Sekunden große Mengen von Chlor freigesetzt. Dieses stechend riechende, grüngelbe Gas wirkt in der Luft in Mengen von nur 0,5 bis 1 Prozent auf Säugetiere und Menschen rasch tödlich. Denn es verätzt die Luftwege und die Lungenbläschen. Auch noch Konzentrationen von nur 0,01 Prozent in der Luft können nach längerem Einatmen tödlich wirken.
Es können also schon kleine Mengen bzw. Vermischungen sehr gefährlich sein: Eine Menge von nur 10 Litern Natriumhypochloritlösung, die mit einer Säure vermischt wird, kann rund 500 Liter Chlor freisetzen. Diese Menge Chlor führt in 100 m³ Luft zu einer (tödlichen) Konzentration von 0,5 Prozent! Das Risiko solcher Vermischungen ist nicht vernachlässigbar gering. Dies zeigen frühere Unfallereignisse:
In all diesen Fällen kam es zu Personenschäden.
Selbstverpflichtung wird zur TRGS
Vor diesem Hintergrund praktizieren die dem Verband Chemiehandel (VCH) angehörenden Firmen seit 1997 technische und organisatorische Maßnahmen, mit denen die Sicherheit speziell bei Tankbefüllungen und -entleerungen sowie bei der Verwendung von Großbehältern (Tankcontainer und IBC) wesentlich verbessert werden. Bis 2008 geschah dies in Form einer Selbstverpflichtung des Verbandes, zu deren Ausführung sich die Firmen im Rahmen ihrer Verbandsmitgliedschaft verbindlich erklärt haben. In 2008 wurden die Inhalte der Selbstverpflichtung unter Mitwirkung von VCH-Fachleuten durch den Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) beim Bundesarbeitsministerium im Wesentlichen unverändert in den Rang einer Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) erhoben. Seitdem ist die Anlage 4 der TRGS 500 ("Schutzmaßnahmen") mit dem Titel "Technische und organisatorische Maßnahmen beim Umfüllen von Natriumhypochloritlösung" maßgeblich.
Die in der Anlage 4 der TRGS 500 genannten Maßnahmen werden in erster Linie von den Chemiehändlern selbst durchgeführt. Doch auch deren Kunden, die selbst über Lagertanks verfügen oder mit Großbehältern arbeiten, sind aufgefordert, entsprechende eigene Maßnahmen zu ergreifen. Im Folgenden sind – analog zur Anlage 4 – die wichtigsten Schutzmaßnahmen dargestellt.
Maßnahmen an Lagertanks
Die für die Befüllung mit Natriumhypochloritlösung verwendeten Schläuche, Kupplungsstücke usw. sollen ausschließlich für dieses Produkt verwendet werden. Die dabei verwendeten Schläuche und Rohrleitungen werden mit dem Begriff "Chlorbleichlauge" gekennzeichnet.
Zur Absicherung des Lagertanks gegen Fehlbefüllungen mit Säuren und Laugen, wird in der Befüllleitung eine pH-Elektrode oder eine Temperaturüberwachung installiert. Eine Auswertelektronik schließt im Fall eines falschen pH-Wertes oder einer unzulässigen Temperaturerhöhung ein Sicherheitsventil und der Befüllvorgang wird gestoppt. Die Temperaturüberwachung muss so konstruiert sein, dass Füllgut und Lagergut außerhalb des Lagertanks reagieren können, bevor das Füllgut in den Lagertank gelangt. Dafür geeignete wartungsarme Elektroden oder zuverlässige Temperaturüberwachungen sind – einschließlich der Steuer- und Ventiltechnik – bei Fachfirmen erhältlich.
Ist eine solche Installation technisch oder wirtschaftlich nicht sinnvoll oder unverhältnismäßig, kann durch andere technische oder organisatorische Maßnahmen (z.B. Ventil, verschließbarer Anschlussstutzen, Identitätsprüfung), insbesondere aber durch ein Linksgewinde sichergestellt werden, dass die Befüllleitung nur während des Befüllvorganges offen ist. Da üblicherweise Lagertanks mit Rechtsgewinde ausgerüstet sind, werden so Verwechslungen bei der Befüllung bestmöglich ausgeschlossen.
Zusätzlich zu den Anforderungen der TRGS 500 wird empfohlen: Für Flanschanschlüsse etwa an Eisenbahnkesselwagen sollten Schläuche verwendet werden, die auf der einen Seite einen Flanschanschluss, auf der anderen Seite ein grobes Linksgewinde besitzen. Auch der Saugstachel sollte mit einem groben Linksgewinde ausgerüstet sein.
Lagertanks für Natriumhypochloritlösung werden möglichst mit Hilfe von Pumpen befüllt. Eine so verwendete Pumpe soll ausschließlich für Natriumhypochloritlösung eingesetzt werden.
Maßnahmen an Transporttanks
Transporttanks (Tankfahrzeuge, Aufsetztanks, Tankcontainer und Kesselwagen) werden nach Möglichkeit – wie die für die Befüllung verwendeten Pumpen – nur für Natriumhypochloritlösung verwendet. Befüll- und Entleerungsanschlüsse verfügen in diesem Fall über grobe Linksgewinde. Sofern eine ausschließliche Verwendung der Behältnisse und der Pumpe für Natriumhypochloritlösung nicht vertretbar ist, müssen vor der Befüllung Tank und Pumpe gereinigt, diese Reinigung dokumentiert sowie an Befüll- und Entleerungsanschlüssen Adapter mit grobem Linksgewinde angebracht werden.
Es liegt auf der Hand, dass bei der Befüllung des kundeneigenen Lagertanks vom Tankfahrzeug des Chemikalienhändlers aus die Sicherheitsmaßnahmen optimiert werden, wenn die Befülltechnik des Kundentanks identisch ist mit der des Lagertanks beim Chemikalienhändler.
Linksgewinde für Anschluss-Stutzen an Tanks sowie an Schläuchen und Rohrleitungen, hergestellt aus PVC (2 Zoll Durchmesser), kosten zirka 100 Euro in der Basisausstattung. Sie werden bisher erst von einem Hersteller in Deutschland angeboten, der sie für den Chemiehandel entwickelt hat.
Linksgewinde an besonders hochwertigen IBC werden von einigen IBC-Herstellern angeboten und führen zu einer Erhöhung des Anschaffungspreises um zirka 50 Euro. Bei größeren Abnahmemengen sind Ermäßigungen möglich.
Die Kosten der Umrüstung eines Tanks mit Installation einer pH-Elektrode oder einer Temperaturmessung (inkl. Sonde, Schaltschrank, Automatikventil) betragen zwischen 2.000 und 3.000 Euro, je nach technischer Ausstattung des Tanks.
Praktische Konsequenzen
Der Verband Chemiehandel und die ihm angehörenden Firmen tragen seit 1997 dafür Sorge, dass die – nun im Rahmen der TRGS 500 fortgeltenden – Vorgaben bekannt werden und bleiben. Dies gilt insbesondere auch für Spediteure und Frachtführer: Denn auch diese müssen die technischen Konsequenzen der beschriebenen Maßnahmen berücksichtigen.
Die TRGS beinhaltet den von den Unternehmen einzuhaltenden Stand der Technik in Bezug auf Sorgfaltsanforderungen beim Inverkehrbringen und Umgang mit Gefahrstoffen. Wird davon abgewichen, so ist dies zu begründen und der Überwachungsbehörde auf Anfrage darzulegen. Eine Nichtbeachtung kann erhebliche juristische Bedeutung erlangen – nämlich dann, wenn die Einhaltung der Maßnahmen einen Unfall vermieden hätte.
Durch eine Kombination der hier genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen wird sichergestellt, dass es beim Umfüllen nicht zu Vermischungen von Natriumhypochloritlösung mit anderen vorhandenen Chemikalien kommt. Dies steht auch im Einklang mit der weltweiten Responsible Care-Initiative der Chemischen Industrie: Sie steht unabhängig von gesetzlichen Vorgaben für den Willen, die Bedingungen für den Schutz von Gesundheit und Umwelt sowie für die Sicherheit von Mitarbeitern und Nachbarschaft ständig zu verbessern. Der Initiative hat sich der VCH 1997 mit dem Zusatz "Verantwortliches Handeln im Chemiehandel" angeschlossen.
(aus: gela 06/14, www.gefaehrliche-ladung.de)
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