Wettbewerbsfähigkeit geht verloren

Globale Konkurrenz und sinkende Wettbewerbsfähigkeit setzen dem Chemiestandort Deutschland immer stärker zu.

(mih) Die Chemische Industrie hierzulande ist eine exportstarke Branche, die 60 Prozent ihres Umsatzes mit Kunden im Ausland erzielt. Wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mitteilt, verdecke die hohe Exportquote aber ein Problem: Globale Konkurrenz und sinkende Wettbewerbsfähigkeit setzen dem Chemiestandort Deutschland immer stärker zu. Als besonderes Alarmsignal sei zu werten, dass sich der Abwärtstrend seit 2008 verstärkt habe. Diese Entwicklung wird laut VCI jetzt durch eine neue Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Oxford Economics mit Daten und Fakten belegt. Die Studie zeige auch auf, welche politischen Hebel diesen Trend am effektivsten stoppen könnten.

„Deutschland ist ein attraktiver Chemiestandort. Tatsache ist aber, dass wir in den letzten beiden Jahrzehnten Anteile am Weltchemiehandel und der Weltchemieproduktion verloren haben. Politik und Öffentlichkeit müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir uns in einer kritischen Phase befinden, was unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit angeht“, sagte Karl-Ludwig Kley, scheidender VCI-Präsident, bei der Vorstellung der Studie „Die Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandorts Deutschland im internationalen Vergleich – Rückblick und Zukunftsperspektiven“. Die vom VCI in Auftrag gegebene Studie füllt eine Lücke: Bislang gab es keine wissenschaftlich vergleichenden Arbeiten zur Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Chemienationen.

Der Anteil des Chemiestandorts Deutschland am globalen Exportmarkt ist trotz wachsender Außenhandelsüberschüsse in den letzten beiden Jahrzehnten gesunken, so die Analyse von Oxford Economics. Das Institut konnte dabei nachweisen, dass der Rückgang der Marktanteile vor allem auf einen Verlust an globaler Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandorts zurückzuführen ist. Dies sei einer von mehreren Faktoren, der zu einer Wachstums- und Investitionsschwäche geführt habe: Die Chemieindustrie habe seit 2011 weder die Produktion noch die Investitionen am Standort Deutschland ausgeweitet. „Wenn unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter sinkt, drohen wir von der Weltkonjunktur abgekoppelt zu werden“, so Kley.

Als Faktoren mit dem größten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Chemiestandorts hat das Institut die Energie- und Rohstoffkosten sowie die Forschungsausgaben der Branche identifiziert. Ferner spielen die Qualität der Verkehrsinfrastruktur, Investitionen, Wechselkurse, Steuern, Regulierungskosten und die Dichte des Industrienetzwerkes eine Rolle. Die Studie belegt, dass zu hohe Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit eines Chemiestandorts stark negativ beeinflussen und zu sinkenden Exportmarktanteilen führen. Eine hohe Forschungsintensität hingegen wirke sich langfristig positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit und den Anteil am globalen Chemieexportmarkt aus.

Um die Wettbewerbsfähigkeit eines Chemiestandortes zu verbessern, ließen sich die Weichen für bessere politische Rahmenbedingungen für die Unternehmen laut VCI vor allem auf drei Feldern stellen: „durch die Senkung der staatlich verursachten Energiekosten, den Verzicht auf eine überambitionierte Vorreiterrolle im Klimaschutz sowie die Stärkung der Forschungsintensität und damit der Innovationsfähigkeit der Unternehmen am Chemiestandort Deutschland.“ Der VCI wolle daher den Dialog mit der Politik über einen gemeinsamen Rahmen zur Weiterentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit des Industrielandes Deutschland fortsetzen.

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