Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) veröffentlichte einen neuen Bericht, der die Probleme beim digitalen Chemikalienhandel offenbart
(kh) Im digitalen Zeitalter boomt der Internethandel mit Produkten aller Art. Gehandelt werden dabei auch Chemikalien, chemische Produkte und Produkte, die gefährliche Stoffe enthalten – obwohl dies in vielen Fällen nicht oder nur mit strengen Auflagen zulässig ist. Einen Überblick über aktuelle Entwicklungen gibt der 24-seitige Bericht „Überwachung des Internethandels mit Chemikalien in Deutschland 2013 – 2018“, den die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) jetzt vorgelegt hat.
Die bisherigen Erkenntnisse aus der Überwachung des Internethandels zeigen, dass das Internet von vielen Anbietern noch immer als ein rechtlich weitgehend ungeregelter Raum angesehen wird, in welchem die verschiedensten gefährlichen Produkte angeboten werden können. Bewusstes Umgehen von gesetzlichen Vorschriften durch Anbieter, aber auch Unkenntnis dessen, was erlaubt bzw. verboten ist, sind die Hauptgründe dafür. Beides trifft auf eine Erwartungshaltung von Verbrauchern, die vielfach davon ausgehen, dass der Staat das online verfügbare Angebot reguliert und überwacht sowie, dass die angebotenen Produkte erlaubt sind und den Vorgabe zum Umwelt- und Verbraucherschutz entsprechen.
Die Erfahrungen im Rahmen des BLAC-Projektes zeigen, dass dies nicht zutrifft: Der Expertengruppe entdeckt immer mehr gefährliche Produkte , die im stationären Handel seit vielen Jahren so gut wie keine Rolle (mehr) spielen, im Online-Handel jedoch ein wachsendes Verbraucherschutzproblem darstellen. Viele Anbieter solcher Produkte haben ihren Sitz im außereuropäischen Ausland, wodurch eine Rechtsdurchsetzung nicht oder nur unzureichend möglich ist. Das führt letztlich zu Wettbewerbsverzerrungen, meist zulasten der heimischen Wirtschaft. Daneben werden im Internet Produkte an Endverbraucher abgegeben, die sich eigentlich an Gewerbetreibende richten. Oft fehlt es hier zum Beispiel an den erforderlichen Verpackungen (kindergesicherter Verschluss/tastbarer Gefahrenhinweis) oder einschlägige Abgabebestimmungen werden umgangen.
Die neue, 2021 wirksam werdende EU-Marktüberwachungsverordnung 2019/1020 wird auch zu Veränderungen der chemikalien-rechtlichen Marktüberwachung führen. Es ist erkennbar, dass die Einbeziehung der Fulfillment-Dienstleister in den Kreis der Wirtschaftsakteure Gewichte verschieben wird – wie dieses sich im Einzelnen praktisch auswirken wird, ist aber noch offen. Sicher ist jedoch, dass die Herausforderungen für die Marktüberwachung im Onlinehandel weiter zunehmen werden.
Hintergrund
Im Jahr 2004 begann die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit auf Vorschlag von Bayern und Nordrhein-Westfalen zunächst im Rahmen eines Pilotprojekts mit der Internetüberwachung des Chemikalienhandels.
2006 wurde das Pilotprojekt durch Gründung eines bundesweiten Behördenverbundes („Expertengruppe Internethandel“) in eine dauerhafte Struktur überführt, an dem sich die Überwachungsbehörden mehrerer Bundesländer auf freiwilliger Basis beteiligen. Seit 2012 arbeitet dieser Behördenverbund im Auftrag der 79. Umweltministerkonferenz – eingebettet in ein Gesamtkonzept von Kooperationsmodellen zur stofflichen Marktüberwachung.
Dem Verbund gehören zurzeit 14 Behörden der Länder und des Bundes an. Die Arbeit wird seit 2018 von der neugegründeten Servicestelle stoffliche Marktüberwachung unterstützt, die beim Regierungspräsidium Tübingen angesiedelt ist.
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