Dokumentation – Das BMVI macht den Weg frei für das elektronische Beförderungsdokument – ein Alleingang für Gefahrgutbeförderungen in Deutschland. Langfristig wird aber weiterhin eine internationale Lösung angestrebt.
Das BMVI hat Auslegungshinweise bekannt gemacht, um Arbeitsverfahren der EDV oder des EDI zur Unterstützung oder anstelle der schriftlichen Dokumentation nach Abschn. 5.4.1 ADR/RID/ADN einheitlich anzuwenden. Diese Auslegungshinweise zum elektronischen Beförderungsdokument für die Beförderung gefährlicher Güter gelten ab 1. Januar 2016.
Einführung in zwei Stufen
Die allgemeinen Vorschriften des ADR/RID/ADN zur Dokumentation in Kap. 5.4 lassen es seit einigen Jahren ausdrücklich zu, u.a. ein elektronisches Beförderungsdokument als Alternative zur heute gebräuchlichen Papierversion (Beförderungspapier) zu verwenden. Da es bisher keine einheitliche Festlegung zu den Anforderungen in Unterabschn. 5.4.0.2 ADR/RID/ADN gab, wird in Deutschland dessen Anwendung nur dann als regelwerkskonform angesehen, wenn ein Drucker während der Beförderung mitgeführt wird. Dieser muss es laut Nr. 5-11 RSEB ermöglichen, die in Abschn. 5.4.1, 5.4.2 und 5.4.3 ADR/RID/ADN geforderte Dokumentation an jedem Ort der Beförderung auf Papier auszudrucken.
Aufgrund der fortgeschrittenen internationalen Diskussion zu den Möglichkeiten, Telematikanwendungen bei der Beförderung gefährlicher Güter zu nutzen, ist es nun möglich geworden, für Beförderungen in Deutschland einheitliche Auslegungshinweise zu erlassen. Diese Auslegungshinweise ermöglichen es, ein elektronisches Beförderungsdokument ohne Mitführung eines Druckers als weitere Alternative solange zu nutzen, bis konkrete Anforderungen für die Anwendung von Telematik in ADR/RID/ADN aufgenommen werden; insofern bleibt die Regelung in Nr. 5-11 RSEB unberührt. Gleichzeitig lassen sich nun, über die bisherige Regelung zur Nutzung eines mitgeführten Druckers hinaus, auch für diese Alternative allgemeine Anforderungen an die Verfügbarkeit der Daten während der Beförderung stellen. Die nachfolgend beschriebenen Anforderungen an die Datenspeicherung an Bord der Fahrzeuge (Straße), Triebfahrzeuge (Schiene) und Binnenschiffe gelten dementsprechend auch für eine elektronische Verfahrensweise mit Nutzung eines Druckers.
Wie die in der Gemeinsamen Tagung des RID-Fachausschusses und der Arbeitsgruppe für die Beförderung gefährlicher Güter (WP.15) empfohlene Systemarchitektur vorsieht, werden Datensätze mit den Angaben nach Abschn. 5.4.1 ADR/RID/ADN während der Beförderung nicht nur auf dem Fahrzeug/Triebfahrzeug/Binnenschiff mitgeführt. Inhaltsgleiche Datensätze müssen auch auf stationären Servern im Verfügungsbereich der Beförderer (TP 2) für Abfragen der Kontroll- und Einsatzkräfte zur Verfügung stehen. Eine internetbasierte Schnittstelle mit Managementfunktion (TP 1) soll den Datenaustausch für die Kommunikation zwischen diesen stationären Servern und staatlichen Behörden regeln.
Unter Berücksichtigung dieser international angestrebten langfristigen Lösung, der gegenwärtigen Ausrüstung von Fahrzeugen/Triebfahrzeugen/Binnenschiffen mit Systemen der Datenverarbeitung und des Datenaustauschs sowie den Bedürfnissen der an der Beförderung Beteiligten und der Kontroll- und Einsatzkräfte ist es erforderlich, schrittweise vorzugehen, um elektronische Beförderungsdokumente in Deutschland zu verwenden. Die nationale Einführung soll in zwei Schritten erfolgen:
Besonderheiten der Verkehrsträger werden insbesondere in den Phasen der vorläufigen Lösungen berücksichtigt.
Konkrete Anwendungshinweise für die Phase 1
Datenspeicherung und Datenausgabe an Bord
Datenspeicherung auf einem stationären Server
Kennzeichnung der Fahrzeuge im Straßenverkehr
Das Fahrzeug muss vorn und hinten mit einem Hinweis auf die Verwendung eines elektronischen Beförderungsdokuments und der individuellen Notrufnummer gekennzeichnet sein. Ist es aus baulichen oder sonstigen offensichtlichen Gründen nicht möglich, diesen Hinweis hinten anzubringen, darf die Kennzeichnung an beiden Zugängen zur Fahrerkabine erfolgen. Die Anordnung ist frei wählbar, darf vorn und hinten jedoch nicht mehr als 50 cm von den orangefarbenen Tafeln entfernt sein. Je nach Einsatzart des Fahrzeugs kann die Kennzeichnung fest angebracht (dauerhaft) oder abnehmbar sein (klappbare oder magnetische Kennzeichnungen dürfen verwendet werden; magnetische jedoch nur dann, wenn sie sich bei einer 15-minütigen Feuereinwirkung nicht von der Befestigung lösen und dies vom Hersteller bestätigt wurde).
Die Kennzeichnung besteht aus einer bildlichen Darstellung (Piktogramm Telefonhörer auf orangefarbenem Symbol in Diamantform) gefolgt von der Rufnummer in einer Farbe, die mit dem Hintergrund kontrastiert. Die Angabe der Rufnummer kann ein- oder zweizeilig erfolgen, die Ziffern müssen mindestens drei Zentimeter und das Piktogramm muss mindestens sechs Zentimeter hoch sein. Es ist auch zulässig, eine ausländische Rufnummer anzugeben, wenn darüber eine Auskunft in deutscher Sprache erfolgt. Wird die Rufnummer ohne die internationale Vorwahl angegeben, muss es sich um eine deutsche Rufnummer handeln.
Wenn für einen Teil der Ladung kein elektronisches Beförderungsdokument verwendet werden soll, ist die Kennzeichnung zu entfernen. In diesem Fall ist für die gesamte Ladung ein Beförderungspapier (Papierversion) erforderlich.
Weitere Besonderheiten für die Eisenbahn
Beim Verkehrsträger Eisenbahn werden regelmäßig behördliche Gefahrgutkontrollen an Sendungen in abgestellten Zügen, Wagengruppen und Einzelwagen vorgenommen, bei denen kein Personal des Beförderers und damit auch kein Datenendgerät verfügbar ist. Außerdem ist in solchen Fällen keine Information an Triebfahrzeugen und Wagen angebracht, die es ermöglichen würde, den Beförderer bzw. das EVU eindeutig zu identifizieren. In diesen Fällen benennt der jeweilige EIU auf Nachfrage den Kontrollbehörden das verantwortliche EVU.
Das EVU hat dem BMVI eine zentrale Rufnummer anzugeben, die an die Kontrollbehörden weitergegeben wird. Darüber können die Kontrollbehörden zu jedem Zeitpunkt während der Beförderung bei Angabe der Wagennummer die Übermittlung der Daten der Beförderungspapiere nach Abschn. 5.4.1 RID anfordern. Für die Übermittlung der Daten gilt der Abschn. "Datenspeicherung auf einem stationären Server". Auf Verlangen des EVU hat sich das anfordernde Personal der Kontrollbehörde zu legitimieren. Dazu ist ein Verifizierungsverfahren entsprechend dem Abschn. "Datenspeicherung auf einem stationären Server" dritter Aufzählungspunkt anzuwenden und zwischen den Kontrollbehörden und EVU abzustimmen.
Um im Ereignisfall für die Einsatz- und Rettungskräfte den Zugriff auf die Daten des Beförderungsdokuments sicherzustellen, muss der Beförderer/das EVU zusätzlich zu den in Unterabschn. 1.4.3.6 Buchstabe b RID vorgegebenen Daten dem EIU eine Rufnummer mitteilen, über welche es zu jeder Zeit möglich ist, die vollständigen Daten des Beförderungsdokuments durch die Leitstellen der Einsatz- und Rettungskräfte abzurufen. Zulässig ist es auch, den Einsatz- und Rettungskräften einen elektronischen Zugriff auf die Daten des EVU nach Unterabschn. 5.4.1 RID zu ermöglichen. Das EVU hat sicherzustellen, dass den Einsatz- und Rettungskräften ein Kontaktpunkt bekannt ist, um die Informationen abzufragen. (Für den Bereich der Deutsche Bahn AG ist dies durch die mit den Innenministerien der Länder vereinbarten Meldewege im Rahmen des Notfallmanagements des Unternehmens sichergestellt.)
Weitere Besonderheiten für die Binnenschifffahrt
Auf Binnenschiffen ist es in der Regel möglich, auf einem vorhandenen Drucker ein Beförderungspapier an Bord auszudrucken. Es besteht also die Möglichkeit, die in der RSEB beschriebene Lösung zu praktizieren, wenn die allgemeinen Voraussetzungen an das Datenendgerät und die Datenspeicherung auf dem Binnenschiff erfüllt werden. Wenn das Beförderungspapier an Bord nicht ausgedruckt werden kann, ist es auch möglich, die beschriebene Lösung mit einer Notrufnummer und einer Datenspeicherung in einem BackOffice anzuwenden. Die Notrufnummer (siehe Abschn. "Kennzeichnung der Fahrzeuge im Straßenverkehr") ist ggf. gut sichtbar an beiden Seiten des Steuerhauses mit einer Schrifthöhe von mindestens fünf Zentimeter anzugeben. In diesem Fall muss es den Einsatzkräften möglich sein, die Daten nach Angabe des Schiffsnamens, der ENI-Nummer oder des Unfallorts zu erlangen. (Im Rahmen der Diskussionen zu Phase 2 wird überprüft, ob die Meldungen an die Revierzentralen für eine BackOffice-Lösung genutzt werden können.)
(aus: gela 09/15, www.gefaehrliche-ladung.de)
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