Die Tunnelregelungen im ADR für eine kennzeichnungspflichtige Ladung gefährlicher Güter, die aus Gefahrgütern mit und ohne Tunnelbeschränkungscode besteht, sind offenbar nicht eindeutig.
(mih) Vor Kurzem hatte sich die IHK Schwaben mit der Frage befasst, ob eine Beförderungseinheit mit einer kennzeichnungspflichtigen Ladung gefährlicher Güter in Versandstücken einen beschränkten Tunnel durchfahren darf, wenn ein großer Anteil gefährlicher Güter ohne Tunnelbeschränkungscode dabei ist (siehe Meldung vom 20. Februar 2018). In dem betrachteten Beispiel bestand die Ladung aus 5.000 L UN 3082 in 25 Fässern, Tunnelbeschränkungscode (-) sowie einem Fass mit 200 L UN 1906, Tunnelbeschränkungscode (E). Die IHK Schwaben vertritt die Ansicht, dass diese Beförderungseinheit zwar ohne Zweifel mit orangefarbenen Tafeln zu kennzeichnen sei, einen Tunnel der Tunnelkategorie E jedoch durchfahren dürfe.
Die IHK Schwaben sei nun vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gebeten worden, klarzustellen, dass die Auslegung der IHK Schwaben zu diesen Vorschriften nicht der Auffassung dieser Ministerien entspricht. Beide Ministerien würden nachdrücklich betonen, dass gemäß Abschn. 8.6.4 ADR allein die Kennzeichnungspflicht nach Abschn. 5.3.2 ADR entscheidend sei. Da die Beförderungseinheit im obigen Beispiel eindeutig kennzeichnungspflichtig sei, sei der restriktivste Tunnelbeschränkungscode (in diesem Fall (E)) zu beachten. Somit dürfe ein Tunnel der Kategorie E mit der vorgegebenen Beispielladung nicht durchfahren werden – auch wenn dem Großteil der Ladung gar kein Tunnelbeschränkungscode zugeordnet ist.
Laut IHK Schwaben gebe es in der Schweiz – Vorschriften in Zusammenhang mit Tunneln würden hier in der Regel sehr streng ausgelegt – dazu eine andere Auffassung: Gemäß der Erläuterungen des Bundesamts für Strassen (ASTRA) für die Umsetzung der schweizerischen Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse (SDR) und des ADR (Stand: 27. Dezember 2017) seien bei Mischladungen, die auch gefährliche Güter mit dem Tunnelbeschränkungscode (-) beinhalten, diese nicht in der Bewertung zu berücksichtigen.
Diese Diskussion sei laut IHK Schwaben erst kürzlich durch eine Vorschriftenänderung entstanden: Seit 1. Januar 2017 ist u.a. den beiden UN-Nummer 3077 und 3082 der Tunnelbeschränkungscode (-) zugeordnet (vorher: (E)). Da diese Güter in relativ großen Mengen auch tatsächlich befördert würden, kämen diese Problemstellungen nun auf Unternehmen zu. Zudem sei es schwierig zu erklären, warum ein Tankfahrzeug mit z.B. 30.000 Liter UN 3082 einen Tunnel der Kategorie E durchfahren dürfe, während eine Beförderungseinheit mit 5.000 Liter UN 3082 in Versandstücken und lediglich einem einzigen weiteren Versandstück mit einem Gefahrgut mit Tunnelbeschränkungscode (E) den gleichen Tunnel nicht durchfahren dürfe.
Die IHK Schwaben hat das BMVI und das ASTRA gebeten, diese Frage in der Arbeitsgruppe für die Beförderung gefährlicher Güter (WP.15) der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) zu klären, damit die Regelung für Anwender des ADR eindeutig ist.
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