Ohne den letzten Rest

Entladen – Die Anforderungen der Mineralölindustrie an die von den Speditionen eingesetzten Fahrzeuge sind hoch. Ein wichtiger Punkt ist das Auslaufverhalten: der Tank soll möglichst schnell möglichst leer werden.

(skl) Tankfahrzeuge unterscheiden sich in ihrer Bauform ganz wesentlich voneinander, hier verfolgt jeder größere Hersteller sein eigenes Konzept. Der österreichische Hersteller Schwarzmüller fertigt seine Tanksattelauflieger seit jeher in Doppelkeilform, während deutsche Anbieter diese früher bei Koffertankfahrzeugen weit verbreitete Bauweise bei den in den 90er Jahren aufkommenden Zylindertanks zugunsten von Fertigungsvorteilen aufgaben. "Die Nachteile bei der Produktion haben wir durch stetige Weiterentwicklung und moderne Konstruktionsmethoden weitestgehend kompensiert", sagt Daniel Dautzenberg, Key Account Manager für Tankfahrzeuge bei Schwarzmüller.

Der große Vorteil der Doppelkeilform liegt in einem optimierten Auslaufverhalten des Produkts. Die beide Tankenden sind gegenüber dem tiefsten Punkt im Bereich der Tankmitte um 6,5 Grad (vorn) bzw. 1,57 Grad (hinten) angehoben. Dadurch entleert sich der Tank gegenüber anderen Bauformen schneller. Zugleich verbleiben keine Restmengen im Behälter – außer bei einem außerordentlich starken Gefälle Richtung Fahrzeugheck. "Insbesondere bei Peilstabmessfahrzeugen und Fahrzeugen mit Sealed Parcel Delivery-Systemen wird so sichergestellt, dass der Kunde die gesamte Menge einer Kammer auch erhält", erklärt Dautzenberg. Neben der korrekten Auslieferung werde auf diese Weise auch Diebstählen vorgebeugt.

Während die Benetzung der Tankinnenwände mit dem flüssigen Inhalt bei der Produktrest-Thematik eine unwesentliche Rolle spielt, können bei ungünstiger Tankneigung infolge eines Gefälles an der Entladestelle schnell beträchtliche Restmengen zustande kommen. "Bei der Neigung eines zylindrischen Paralleltanks mit 18.850 Litern Volumen um nur 1 Grad verbleiben 70 Liter Produkt im Tank", hat Dautzenberg errechnet. Bei 2 Grad wären es sogar fast 200 Liter. In Schwarzmüllers Doppelkeiltank fänden sich bei 2 Grad Gefälle Richtung Fahrzeugheck indes nur 32 Liter nach dem Entladen im Tankfahrzeug – wenn dieses zuvor nicht in eine günstigere Position gebracht wird. Unter 1,6 Prozent Gefälle entgegen der Fahrtrichtung kommt es zur vollständigen Entleerung.

Dass ein Fahrzeug beim Entladen genau waagerecht steht, kommt in der Transportpraxis selten vor – zumal an Tankstellen, die in der Regel leicht wannenartig ausgeführt sind. Um ein Tankfahrzeug dennoch möglichst restfrei zu entleeren, existiert – abgesehen von der Doppelkeil-Bauweise – nur die Lösung, das Fahrzeug auf Basis der Anzeige von Neigungssensor oder Libelle manuell mittels der Luftfederung in eine annähernd waagerechte Position zu bringen. Aber dies bedingt eine korrekte Vorgehensweise des Tankfahrers beim Entladeprozess und nicht zuletzt viel Erfahrung.

Je mehr Reste womöglich im Tank bleiben, umso größer wird die Gefahr von Produktvermischungen. Diese können für die Mineralölindustrie zum Pro­blem werden: Neben der Flammpunktabsenkung im Diesel durch etwaige Benzinreste sieht sie insbesondere den Eintrag von Biodieselanteilen in Dieselresten bei danach geladenem Benzin als kritisch an. Die Biodieselreste können bei der Verbrennung in Kfz-Motoren die Schmiereigenschaften des Motoröls negativ beeinträchtigen. Die Mineralölgesellschaften tolerieren heute daher Restmengen von maximal 0,2 Liter je 1.000 Liter Kammer­inhalt – bei Paralleltanks wird diese Grenze schon bei geringster Tankneigung erreicht. Aus Furcht vor Produktvermischungen wird daher in vielen Tankfahrzeugen bei einer Neubeladung dasselbe Produkt wieder in die Kammer geladen. Die Doppelkeilfahrzeuge von Schwarzmüller müssen indes nicht sortenrein fahren, sondern können flexibel eingesetzt werden.

Der Doppelkeil mit seiner integrierten Neigung ermöglicht neben dem sichereren auch einen schnelleren Entleervorgang im Vergleich zu Paralleltanks. Bei letzteren ist es üblich, auch nach der Leermeldung durch den Restmengensensor mehrere Minuten abzuwarten, ob nicht doch noch letzte Reste aus den Kammern nachlaufen. Der im Rahmen der Qualitätssicherung obligatorische Kammerleertest wird dann oft noch auf der Tankstelle durchgeführt – viele Verlader schreiben diesen aber an der Beladestelle kurz vor der nächsten Befüllung vor.

Der Technische Leiter einer deutschen Spedition, die im vergangenen Jahr ihren ersten Schwarzmüller-Tankzug in Doppelkeil-Bauweise in Betrieb nahm, kann dessen Vorteile bestätigen: "Die Abgabezeiten an Tankstellen sind um fünf bis sieben Minuten geringer als bei unseren anderen Tankzügen mit Paralleltank." Zudem gebe es eine Tankstelle im Ausfuhrgebiet, an der ein Paralleltank trotz Einsatzes der Luftfederung nie komplett leer laufen konnte; nach Abgabe an dieser Tankstelle hatten die Fahrer daher Anweisung, dasselbe Produkt wieder zu laden.

Das optimierte Auslaufverhalten ist indes nur eine von vielen fahrzeugtechnischen Anforderungen, die die Mineralölindusrie heute an ihre Logistikpartner stellt. Die eingesetzten Tankfahrzeuge sollen zugleich über möglichst beidseitige Entladeeinrichtungen, eine hohe Nutzlast (nicht unter 28 Tonnen in Ländern mit 40 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht) sowie über alle gängigen Fahrerassistenzsysteme verfügen.

Kein Baukastensystem

Derzeit schickt sich Schwarzmüller an, den Tankzug-Absatz auf einigen europäischen Märkten (darunter Deutschland) auszubauen, auf denen man bislang noch nicht so aktiv war. Neben der Doppelkeil-Bauweise können die Österreicher dabei mit einem besonders niedrigen Leergewicht von knapp 4.900 Kilogramm beim dreiachsigen Tanksattelauflieger punkten. "Im Bereich Tankfahrzeuge hat der Absatz bereits im ersten Halbjahr unsere Erwartungen weit übertroffen", so Dautzenberg.

Schwarzmüller baute 2014 an den drei Produktions­standorten Hanzing (Österreich), Žebrák (Tschechien) und Budapest (Ungarn) rund 7.000 Nutzfahrzeuge, davon mehr als 300 Tankfahrzeuge. Für dieses Jahr wird ein Umsatzwachstum auf 290 Millionen Euro anvisiert – damit hat der Umsatz in den letzten drei Geschäftsjahren um fast 30 Prozent zugelegt. Hauptstrategie des Unternehmens ist es, sich nicht im ruinösen Preiskampf der Standardauflieger aufzureiben, sondern sich auf komplexe, hochwertige Fahrzeuge wie Kipper, Schubboden- und eben Tankfahrzeuge zu spezialisieren.

Im Tankfahrzeugbau fertigt Schwarzmüller dabei nach einem Prinzip, wie es heute auch im Automobilbau üblich ist: Schon vor einigen Jahren hat man sich hier von den Zwängen eines Baukastensystems mit Gleichteilen, starren Mustern und hohen Lagerbeständen befreit. Am Hauptsitz im oberösterreichischen Hanzing, nahe der deutschen Grenze bei Passau gelegen, entsteht jedes einzelne Fahrzeug bis ins Detail zunächst in 3?D-Konstruktion, bevor auch nur ein Teil produziert wird. Aus diesen Konstruktionsdaten werden dann die Stücklisten generiert und die Teile bedarfsgerecht gefertigt. Die Vorteile: nahezu unbegrenzte Flexibilität bei der Erfüllung von Kundenwünschen einerseits, geringste Lagerhaltung von vorgefertigten Komponenten andererseits.

Viele Mitarbeiter sind schon in zweiter oder dritter Generation bei Schwarzmüller tätig. Ihre Erfahrung kommt in perfekt ausgeführten Details wie den Schweißnähten, dem Verlegen von Kabeln und Pneumatikleitungen oder dem Bördeln von Schrankablauföffnungen zum Ausdruck.

Doppelkeiltank in schematischer Darstellung: Die beiden Tankenden sind gegenüber der Tankmitte um 1,57 (Heck) bzw. 6,5 Grad (Stirnseite) angehoben. Bei Entladungen kann die integrierte Neigung bei zusätzlichem Einsatz der Luftfederung ein Gefälle des Geländes nach hinten von bis zu 2,9° kompensieren. Nach vorn übersteigen schon allein die im Tank eingebauten 6,5° die maximal zulässige Neigung (für Peilstabfahrzeuge etwa sind maximal 5° zugelassen).

(aus: gela 11/15, www.gefaehrliche-ladung.de)

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