20 Jahre maritimes Notfallmanagement aus einer Hand
(ur) Das Havariekommando, Deutschlands Organisation für das Notfallmanagement auf Nord- und Ostsee, wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. Die gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer wurde 2003 aus der Taufe gehoben. Auslöser dafür war die Havarie des Holzfrachters PALLAS im Jahr 1998 vor der schleswig-holsteinischen Nordseeküste: Infolge eines Brandes lief das Schiff bei Amrum auf Grund, Treibstoffe traten tonnenweise aus und über 15.000 Seevögel verendeten.
Im Rahmen der Aufarbeitung des Unglücks entstand die Idee, das Havariekommando zu gründen. Im Schadensfall hat es die Kompetenz, Einsatzkräfte verschiedener Partnerorganisationen – sowohl aus den Ländern als auch vom Bund – gemeinsam zu koordinieren. Das ist in Deutschland in dieser Form einzigartig.
Das Havariekommando kommt bei schweren Unfällen zum Einsatz, beispielsweise bei Schiffskollisionen oder Bränden an Bord. Auch, wenn Schadstoffe ins Wasser gelangen, ist die gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer gefragt. In diesen Fällen ist das Havariekommando auch an der Küste zuständig, um beispielsweise die Gefahren abzuwehren, die von einer Öl-Anlandung ausgehen.
Der letzte große Einsatz des Havariekommandos war ein solcher Öl-Einsatz: Kurz vor Weihnachten 2022 gelangten etwa 300.000 Liter Rohöl aus einer Pipeline in den Nord-Ostsee-Kanal. Das Havariekommando übernahm die Gesamteinsatzleitung in dem mehrere Tage andauernden Einsatz.
Insgesamt hat das Havariekommando seit seiner Gründung 91 sogenannte „Komplexe Schadenslagen“ erfolgreich bewältigt. Diese sind oft sehr unterschiedlich und reichen von akuten, nach wenigen Stunden beendeten Fällen bis hin zu einige Wochen andauernden Lagen. Insgesamt kamen in 20 Jahren rund 500 Einsatztage zusammen. Nicht mitgezählt sind dabei die vielen Fälle, in denen das Havariekommando Fachberatung eingebracht hat oder im Rahmen von Amtshilfe tätig geworden ist.
Organisation
Bundesseitig gehört das Havariekommando zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Länderseitig sind die Innen- und Umweltministerien der fünf Küstenländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich. Geleitet wird die Einrichtung, die in Cuxhaven ansässig ist, vom ehemaligen Marineoffizier Robby Renner. Er ist erst der zweite Havariekommando-Leiter in 20 Jahren: 2021 löste er den langjährigen Leiter Hans-Werner Monsees ab.
Renner betont die Bedeutung seiner Einrichtung: „Das Havariekommando ist jetzt mit 20 Jahren den Kinderschuhen entwachsen, es ist auch kein ‚Teenager‘ mehr, sondern ein zwar junger, aber selbstbewusster und auch etablierter und geschätzter Akteur in der Welt der maritimen Sicherheit.“ Der Brand auf dem Autofrachter FREMANTLE HIGHWAY im Juli dieses Jahres habe, so der Havariekommando-Leiter, auch in Deutschland das Bewusstsein für die Maritime Notfallvorsorge wieder geweckt. „Die Aufgabe ist es jetzt, dranzubleiben. Die Herausforderungen im Bereich der maritimen Sicherheit entwickeln sich sehr schnell. Wir müssen Schritt halten und uns zukunftssicher aufstellen.“ Das Havariekommando sei hier auf einem guten Weg, benötige aber stets die Unterstützung aus den Ländern und vom Bund, sagte Renner.
Derzeit arbeiten 50 Beschäftigte von Bund und Ländern gemeinsam in Cuxhaven für das Havariekommando. Ihre Werdegänge und Berufsbilder sind vielfältig: Neben zahlreichen Nautikerinnen und Nautikern sowie Verwaltungsfachkräften beschäftigt das Havariekommando unter anderem Rettungsingenieure, Maschinenbauer, Biologinnen, Schiffsmechaniker, Chemiker und Feuerwehrleute. Abseits von Einsätzen hat sich die Einrichtung zu einem Kompetenzzentrum für Maritime Sicherheit entwickelt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Cuxhaven sorgen zudem dafür, dass die Partner des Havariekommandos die notwendigen Gerätschaften und auch das Training für die speziellen Einsatzanforderungen erhalten. Über 100 Übungen, Trainings und Schulungen führt das Havariekommando jährlich durch.
Das Havariekommando hält keine eigenen Einsatzkräfte vor, sondern arbeitet mit Einsatzkräften von Partnerorganisationen zusammen. Partner sind unter anderem neun Berufsfeuerwehren entlang der Küste, das Technische Hilfswerk, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die Landesbehörden für Küstenschutz, die Bundespolizei oder die Deutsche Marine.
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