Falsche Ladungsverteilung und die Hochwasser-Strömungsverhältnisse auf dem Rhein haben das Tankmotorschiff zum Kentern gebracht.
(mih) In zweijähriger Arbeit hat eine vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) eingesetzte interdisziplinäre Expertengruppe den Ablauf der Havarie des Tankmotorschiffs (TMS) „Waldhof“ eingehend untersucht und die Ursachen für das schwere Schiffsunglück im Detail aufgeklärt. Die „Waldhof“ war am 13. Januar 2011 auf dem Mittelrhein nahe der Loreley gekentert. Das Unglück forderte ein Menschenleben, ein weiteres Besatzungsmitglied wird seither vermisst. Die Bergung des Schiffs und seiner Ladung – 2.378 Tonnen konzentrierte Schwefelsäure – nahm 32 Tage in Anspruch. In dieser Zeit war der Rhein in Höhe der Unfallstelle für den Schiffsverkehr zum Teil vollständig gesperrt.
Wesentliche Ursache für das Kentern der „Waldhof“ war demnach eine nur teilweise Befüllung der sieben Ladetanks. Dadurch verlor das Schiff bei seiner Fahrt jenseits der Hochwassermarke I und den damit einhergehenden hohen Strömungsgeschwindigkeiten seine Schwimmstabilität. Zum Havariezeitpunkt erfüllte das TMS aufgrund der falschen Ladungsverteilung weder die vorgeschriebenen Stabilitätskriterien nach ADNR 2003/ADN 2011 noch die allgemeine Stabilitätsvorschrift nach § 1.07 Nummer 3 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung. Die Unfalluntersuchung hat keine belastenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei der „Waldhof“ Bau- oder Ausrüstungsmängel, technische Defekte, Ausfälle der Maschinen- oder Ruderanlage, Leckagen oder nautische Fahrfehler der Schiffsführung vorgelegen hätten.
Eine realitätsnahe Computersimulation der Unglücksfahrt trug entscheidend dazu bei, die Ursachen zu analysieren. In einer dreidimensionalen hydrodynamisch-numerischen Modellierung (3D-HN-Modellierung) mit dem Schiffsführungssimulator der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) in Karlsruhe ist erkennbar, dass bereits kurz vor dem Kentern innerhalb der Fahrrinne Strömungen auf die zu Tal fahrende „Waldhof“ mit einem krängenden Moment einwirken und das Schiff in Richtung Steuerbord kippen. Wenig später weisen diese krängenden Rollmomente ein Maximum auf und lassen das TMS um 180 Grad kentern.
Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse empfiehlt die Expertengruppe, eine Reihe von Maßnahmen umzusetzen, um derart schwere und folgenreiche Unfälle künftig zu vermeiden. So schlägt sie vor, für die Schifffahrt auf dem Rhein die Ausrüstung mit AIS – ein über Funk vermitteltes automatisches Identifikationssystem – und dessen Nutzung verpflichtend vorzuschreiben; die „Waldhof“ hatte keine AIS-Ausrüstung. Zudem sollte an bestimmten Mittelrhein-Gefahrenstellen ab Erreichen der Hochwassermarke I für große Binnenschiffe und Schiffsverbände ein Begegnungsverbot eingeführt werden.
Der vollständige Unfalluntersuchungsbericht steht beim Elektronischen Wasserstraßen-Informations-Service (ELWIS) der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zur Verfügung.
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