Ein vielschichtiges Thema

Überblick – Ob gummiert, emailliert, aus Polymerharz oder Fluorkunststoffen – das Spektrum an Tankinnenbeschichtungen ist groß. Doch welche Beschichtung eignet sich wann am besten?

(skl) Anfang dieses Jahres kam es in Saudarkrokur/Nordisland zu einem berichtenswerten Gefahrgutunfall: Während der Entladung eines innengummierten Tankcontainers wurde dieser undicht, insgesamt 4.000 Liter Salzsäure liefen durch den Tankboden. Die Ursache für die plötzliche Leckage war eine kleine Defektstelle in der Innengummierung, die außen liegende Edelstahlwandung hatte dem aggressiven Füllgut schließlich nicht mehr viel entgegenzusetzen.

Der Unfallbericht, den die zuständige isländische Behörde der UN ECE Transport Division vorlegte, verdeutlicht, welch große Bedeutung Innenbeschichtungen für den sicheren Transport von korrosiven Chemikalien haben. An Tankinnenbeschichtungen gibt es verschiedene Arten bzw. Marken, wobei man grundsätzlich zwischen festen, aufgeklebten Auskleidungen und aufgeschmolzenen, eingebrannten Beschichtungen unterscheidet. Im Folgenden ein kurzer Überblick.

  • Gummierungen – in Straßen-Tankfahrzeugen finden sich in vielen Fällen braun- oder schwarzfarbige Weichgummierungen auf Basis von chlorsulfoniertem Polyethylen (CSM) und Polyvinylchlorid (PVC). In Deutschland gibt es zwei größere Anbieter: HAW Linings in Bockenem/Niedersachsen (Hauptprodukt für den Transportbereich "HAW-W08") und Rema Tip Top Oberflächenschutz Elbe mit Sitz in Wittenberg/Sachsen-Anhalt (Hauptprodukt "Chemoline 8"). Gummierungen werden in zuvor auf zwei bis sechs Millimeter Dicke ausgewalzten Bahnen mit einer speziellen Haftlösung an die Tankinnenwand geklebt und dann durch Vulkanisation im Autoklaven haltbar gemacht.
  • Emaillierungen – bei dieser im Vergleich ältesten Beschichtungsart wird ein aus Silikaten und Oxiden bestehender Schmelz bei hohen Temperaturen von über 800 °C in einem oder mehreren Gängen auf den Trägerwerkstoff gebracht, dieser erstarrt anschließend, die Oberfläche ist glatt und hochglänzend. Emaillierungen werden heute nur noch selten – wenn überhaupt, dann bei eher kleinvolumigen Transporttanks – durchgeführt. Ein Anbieter ist De Dietrich aus Mertzwiller/Elsass, der fertige Emaillebehälter an Tankhersteller schickt, die diese in ihre Edelstahl(außen)-tanks einbauen, der Zwischenraum wird ausgeschäumt. Das Unternehmen Pfaudler mit Sitz in Schwetzingen, das früher emaillierte Transporttanks anbot, hat seine Baumusterzulassungen vor zehn Jahren auslaufen lassen.
  • Polymerharze – diese finden sich in erster Linie in Tankcontainern; ein weltweit bedeutender Hersteller ist Advanced Polymer Coatings (APC) aus den USA, dessen Hauptprodukt für den Transportbereich "Chemline 784" heißt (ein spezielles, molekular stark vernetztes Epoxidharz) und in Europa exklusiv von Hüni & Co. verarbeitet wird. Hüni mit Sitz in Friedrichshafen verarbeitet außerdem noch "Proco-Email" auf Basis eines Phenolharzes. Ein weiterer Anbieter ist Säkaphen, dessen gleichnamige Beschichtungstypen für ISO-Tankcontainer ebenfalls auf einer Phenolharzkombination beruhen und wahlweise auch elektrisch ableitfähig sind. Die je nach Anbieter verschiedenfarbigen Polymerharze werden bei relativ niedrigen Temperaturen in die Tankwand eingebrannt.
  • Fluorkunststoffe – sie finden ebenfalls vor allem in Tankcontainern Verwendung, wenn diese besonderen Einsatzbedingungen wie höchstaggressiven Füllgütern oder absoluter Produktreinheit unterliegen. Mit diesen, den Ionenaustausch komplett unterbindenden Fluorkunststoffen werden oft auch die besonders beanspruchten Armaturen ausgekleidet. Zu diesem Beschichtungstyp zählen die Copolymere E-CTFE (Chlortrifluorethylen + Ethylen), ETFE (Tetrafluorethylen + Ethylen) und PFA (Perfluoralkoxypolymer aus Tetrafluorethylen + Perfluoralkoxyvinylethern – eine Weiterentwicklung des Polytetrafluorethen (PTFE), auch bekannt als "Teflon"). Anbieter für diese Innenbeschichtungen sind wieder Hüni & Co., außerdem noch Plasticon Germany mit Sitz in Dinslaken und Quadrant Plastics (Marke: "Symalit FEP 1.000") mit Deutschland-Sitz in Sinsheim. Bei Hüni wird E-CTFE unter dem Markennamen "Halar" des Herstellers Solvay verarbeitet.

Einsatzgebiete

Bei Hüni, wo unmittelbar am Bodensee vor kurzem eine neue Fertigungshalle speziell für zu beschichtende Tankcontainer in Betrieb ging, verweist man auf das gegenüber Gummierungen noch breitere Einsatzspektrum von Polymerharz- und Kunststoffbeschichtungen. "Kunststoffbeschichtungen sind sogar gegen fast alle erdenklichen korrosiven Füllgüter beständig", so Geschäftsführer Peter Hüni. Daher würden diese Beschichtungstypen vor allem für Tankcontainer verwendet, die – oft im weltweiten Einsatz – mit immer wieder anderen Produkten befüllt werden.

Entsprechend finden sich Gummierungen in der Regel eher in Tankfahrzeugen, die in einem räumlich begrenzten Einsatzgebiet und oft sogar langfristig das gleiche Produkt, etwa Salzsäure, im so genannten dedicated transport befördern. Gummierte Tankcontainer und andersherum polymerharz-/kunststoffbeschichtete Tankauflieger sind also eher die Ausnahme.

Beschädigungen

"Polymerharz- und kunststoffbeschichtete Tankcontainer haben sicherlich Vorteile beim Produktspektrum", erklärt Wolfgang Berger von TipTop Oberflächenschutz Elbe. Organische Lösemittel oder ölhaltige Altsäuren etwa lassen sich in gummierten Transporttanks nicht fahren, da diese Gummi angreifen. "Dafür sind allerdings Kunststoffbeschichtungen anfälliger für Schäden und Risse", so Berger.

Diesen Nachteil mag Hüni als Anbieter von Polymer-/Kunststoffbeschichtungen nicht gelten lassen. Er erklärt auftretende Schäden damit, dass wie bereits erwähnt Tankcontainer von Haus aus einem hochfrequenten Wechsel verschiedenartiger Füllgüter unterliegen, was ein höheres Gefahrenpotenzial birgt. "Eine Tankinnenreinigung ist bei wechselnden Produkten unerlässlich, oft werden aber auch dabei Fehler gemacht." Entweder es wird nicht gründlich genug gereinigt: somit können unter Umständen Reste des alten Füllgutes mit dem neuen Füllgut reagieren. Oder es verbleibt bei ungenügender Trocknung Wasser im Tank, das ebenfalls mit bestimmten Füllgütern eine exotherme Reaktion eingehen kann, die die Beschichtung angreift. Oder aber es wird zu "scharf" gereinigt, mit überhohen Drücken aus Dampfstrahlern, was mechanische Schäden an der Beschichtung nach sich zieht.

Zudem kann falsche Handhabung bei den Tanklogistikern zu Beschädigungen führen, etwa wenn Produkte zu heiß bzw. oberhalb der Temperaturgrenzen für die jeweilige Beschichtung eingefüllt werden. "Außerdem sollte der Tankcontainer voll wie leer immer mit Stickstoff beaufschlagt werden, da auch Luftsauerstoff schädigende Reaktionen auslösen kann", so Hüni.

Fragt man Tankfahrzeughersteller, auf die Beschichtungsschäden durch ihre Kundschaft zurückfallen, ergibt sich ein differenziertes Bild. "Schäden können bei allen Beschichtungstypen auftreten", erklärt Marko Radowski von Schrader T+A Fahrzeugbau. Grundsätzlich seien Tankcontainer mit Polymerharz- und Kunststoffbeschichtungen außer durch den häufigen Produktwechsel auch deswegen mehr gefährdet, weil diese Beschichtungen spröder sind. Dies sei auch ein Grund, warum in den langen, verwindungssteifen Tankaufliegern, die auf der Straße jede Erschütterung "mitkriegen", kaum einmal Kunststoffbeschichtungen anzutreffen sind.

Gummierungen sieht Radowski als den Normalfall im Korrosionsschutz an, sie schützen den Tankwerkstoff gemäß den jeweiligen Beständigkeitslisten der Anbieter etwa vor Mineralsäuren, Basen oder oxidierend wirkenden Medien wie Natriumhypochloritlösung oder Chromsäure. Schrader produziere regelmäßig indes auch Spezialanfertigungen von Tankcontainern, deren Auftraggebern eine Gummierung nicht ausreicht. "Zum Beispiel haben wir in den letzten Jahren immer mal wieder Container mit E-CTFE-Beschichtung zum Transport von Fluss- oder Salpetersäure an Kunden aus der Solarindustrie gebaut, wo absolute Produktreinheit gefordert war", so Radowski. Eine solche Innenbeschichtung eines Tankcontainers kostet rund 60.000 Euro und ist damit deutlich teurer als eine Gummierung.

Neubeschichtung und Reparaturen

Kunststoffbeschichtungen halten ebenso wie Gummierungen in der Regel nicht so lange wie der Transporttank, die Anbieter sprechen jeweils von rund zehn Jahren. Soll ein Tank neu gummiert oder beschichtet werden, muss die alte Innenbeschichtung jeweils unter hohem Druck herausgestrahlt werden.

Hat eine Beschichtung hingegen nur kleine Schäden und ist nicht insgesamt abgenutzt, lassen sich die Schadstellen vor Ort – etwa beim Tankfahrzeughersteller (Gummierung) oder im Tankcontainerdepot (Kunststoffbeschichtung) – mit speziellen Sets ausbessern.

(aus: gela 09/13, www.gefaehrliche-ladung.de)

Produktempfehlungen

Gefahrgut-Newsletter.png
ecomed-Storck Gefahrgut

Rund um Gefahrgut bestens bedient: Der Newsletter Gefahrgut bringt Sie wöchentlich auf den aktuellen Stand mit top-aktuellen Meldungen von gefahrgut.de. Tipps zu unseren Produkten und Veranstaltungen sowie hilfreiche Hintergrundinfos erhalten Sie monatlich in einer Spezial-Ausgabe. So bleiben Sie in Sachen Gefahrgut auf dem Laufenden!

Kontakt & Service

E-Mail: kundenservice@ecomed-storck.de | Telefon: +49 (0)89 2183-7922 | Telefax: +49 (0)89 2183-7620

Themen | Gefahrgut-Foren | Veranstaltungen | Int. Gefahrgut-Tage Hamburg | Deutscher Gefahrgut-Preis | Shop

Newsletter | Verlag | Kontakt | Impressum | AGB | Datenschutz | Datenschutz-Einstellungen

Weitere Online-Angebote der ecomed-Storck GmbH

gefaehrliche-ladung.de | der-gefahrgut-beauftragte.de | gefahrgut-foren.de | adr-2023.de