Überblick – Ob gummiert, emailliert, aus Polymerharz oder Fluorkunststoffen – das Spektrum an Tankinnenbeschichtungen ist groß. Doch welche Beschichtung eignet sich wann am besten?
(skl) Anfang dieses Jahres kam es in Saudarkrokur/Nordisland zu einem berichtenswerten Gefahrgutunfall: Während der Entladung eines innengummierten Tankcontainers wurde dieser undicht, insgesamt 4.000 Liter Salzsäure liefen durch den Tankboden. Die Ursache für die plötzliche Leckage war eine kleine Defektstelle in der Innengummierung, die außen liegende Edelstahlwandung hatte dem aggressiven Füllgut schließlich nicht mehr viel entgegenzusetzen.
Der Unfallbericht, den die zuständige isländische Behörde der UN ECE Transport Division vorlegte, verdeutlicht, welch große Bedeutung Innenbeschichtungen für den sicheren Transport von korrosiven Chemikalien haben. An Tankinnenbeschichtungen gibt es verschiedene Arten bzw. Marken, wobei man grundsätzlich zwischen festen, aufgeklebten Auskleidungen und aufgeschmolzenen, eingebrannten Beschichtungen unterscheidet. Im Folgenden ein kurzer Überblick.
Einsatzgebiete
Bei Hüni, wo unmittelbar am Bodensee vor kurzem eine neue Fertigungshalle speziell für zu beschichtende Tankcontainer in Betrieb ging, verweist man auf das gegenüber Gummierungen noch breitere Einsatzspektrum von Polymerharz- und Kunststoffbeschichtungen. "Kunststoffbeschichtungen sind sogar gegen fast alle erdenklichen korrosiven Füllgüter beständig", so Geschäftsführer Peter Hüni. Daher würden diese Beschichtungstypen vor allem für Tankcontainer verwendet, die – oft im weltweiten Einsatz – mit immer wieder anderen Produkten befüllt werden.
Entsprechend finden sich Gummierungen in der Regel eher in Tankfahrzeugen, die in einem räumlich begrenzten Einsatzgebiet und oft sogar langfristig das gleiche Produkt, etwa Salzsäure, im so genannten dedicated transport befördern. Gummierte Tankcontainer und andersherum polymerharz-/kunststoffbeschichtete Tankauflieger sind also eher die Ausnahme.
Beschädigungen
"Polymerharz- und kunststoffbeschichtete Tankcontainer haben sicherlich Vorteile beim Produktspektrum", erklärt Wolfgang Berger von TipTop Oberflächenschutz Elbe. Organische Lösemittel oder ölhaltige Altsäuren etwa lassen sich in gummierten Transporttanks nicht fahren, da diese Gummi angreifen. "Dafür sind allerdings Kunststoffbeschichtungen anfälliger für Schäden und Risse", so Berger.
Diesen Nachteil mag Hüni als Anbieter von Polymer-/Kunststoffbeschichtungen nicht gelten lassen. Er erklärt auftretende Schäden damit, dass wie bereits erwähnt Tankcontainer von Haus aus einem hochfrequenten Wechsel verschiedenartiger Füllgüter unterliegen, was ein höheres Gefahrenpotenzial birgt. "Eine Tankinnenreinigung ist bei wechselnden Produkten unerlässlich, oft werden aber auch dabei Fehler gemacht." Entweder es wird nicht gründlich genug gereinigt: somit können unter Umständen Reste des alten Füllgutes mit dem neuen Füllgut reagieren. Oder es verbleibt bei ungenügender Trocknung Wasser im Tank, das ebenfalls mit bestimmten Füllgütern eine exotherme Reaktion eingehen kann, die die Beschichtung angreift. Oder aber es wird zu "scharf" gereinigt, mit überhohen Drücken aus Dampfstrahlern, was mechanische Schäden an der Beschichtung nach sich zieht.
Zudem kann falsche Handhabung bei den Tanklogistikern zu Beschädigungen führen, etwa wenn Produkte zu heiß bzw. oberhalb der Temperaturgrenzen für die jeweilige Beschichtung eingefüllt werden. "Außerdem sollte der Tankcontainer voll wie leer immer mit Stickstoff beaufschlagt werden, da auch Luftsauerstoff schädigende Reaktionen auslösen kann", so Hüni.
Fragt man Tankfahrzeughersteller, auf die Beschichtungsschäden durch ihre Kundschaft zurückfallen, ergibt sich ein differenziertes Bild. "Schäden können bei allen Beschichtungstypen auftreten", erklärt Marko Radowski von Schrader T+A Fahrzeugbau. Grundsätzlich seien Tankcontainer mit Polymerharz- und Kunststoffbeschichtungen außer durch den häufigen Produktwechsel auch deswegen mehr gefährdet, weil diese Beschichtungen spröder sind. Dies sei auch ein Grund, warum in den langen, verwindungssteifen Tankaufliegern, die auf der Straße jede Erschütterung "mitkriegen", kaum einmal Kunststoffbeschichtungen anzutreffen sind.
Gummierungen sieht Radowski als den Normalfall im Korrosionsschutz an, sie schützen den Tankwerkstoff gemäß den jeweiligen Beständigkeitslisten der Anbieter etwa vor Mineralsäuren, Basen oder oxidierend wirkenden Medien wie Natriumhypochloritlösung oder Chromsäure. Schrader produziere regelmäßig indes auch Spezialanfertigungen von Tankcontainern, deren Auftraggebern eine Gummierung nicht ausreicht. "Zum Beispiel haben wir in den letzten Jahren immer mal wieder Container mit E-CTFE-Beschichtung zum Transport von Fluss- oder Salpetersäure an Kunden aus der Solarindustrie gebaut, wo absolute Produktreinheit gefordert war", so Radowski. Eine solche Innenbeschichtung eines Tankcontainers kostet rund 60.000 Euro und ist damit deutlich teurer als eine Gummierung.
Neubeschichtung und Reparaturen
Kunststoffbeschichtungen halten ebenso wie Gummierungen in der Regel nicht so lange wie der Transporttank, die Anbieter sprechen jeweils von rund zehn Jahren. Soll ein Tank neu gummiert oder beschichtet werden, muss die alte Innenbeschichtung jeweils unter hohem Druck herausgestrahlt werden.
Hat eine Beschichtung hingegen nur kleine Schäden und ist nicht insgesamt abgenutzt, lassen sich die Schadstellen vor Ort – etwa beim Tankfahrzeughersteller (Gummierung) oder im Tankcontainerdepot (Kunststoffbeschichtung) – mit speziellen Sets ausbessern.
(aus: gela 09/13, www.gefaehrliche-ladung.de)
Rund um Gefahrgut bestens bedient: Der Newsletter Gefahrgut bringt Sie wöchentlich auf den aktuellen Stand mit top-aktuellen Meldungen von gefahrgut.de. Tipps zu unseren Produkten und Veranstaltungen sowie hilfreiche Hintergrundinfos erhalten Sie monatlich in einer Spezial-Ausgabe. So bleiben Sie in Sachen Gefahrgut auf dem Laufenden!