(skl) Rekonditionierte Verpackungen sind nicht nur etwas günstiger als Neuware, sie bedienen auch das bei Unternehmen immer stärker ausgeprägte – und auch öffentlich herausgestellte – Leitmotiv der Nachhaltigkeit. Die wiederaufbereiteten Verpackungen müssen dabei nach ADR 4.1.1.9 die gleichen Anforderungen erfüllen bzw. Prüfungen standhalten wie neue Verpackungen. Kombinations-IBC lassen sich im Gegensatz zu Fässern in der Regel mit weniger Aufwand rekonditionieren.
Rekonditonierungsstufen
Innerhalb der IBC-Rekonditionierung (wobei streng genommen der Begriff der Rekonditionierung gemäß ADR gar keine Anwendung auf Kombi-IBC findet, sondern nur auf Metallfässer sowie Kunststofffässer und -kanister) ist zu unterscheiden zwischen:
- regelmäßige Wartung – hierzu gehört die Innen- und Außenreinigung des IBC und ggf. das Auswechseln von Dichtungen und Verschlüssen mit anschließender Dichtheitsprüfung,
- Reparatur – nach Beschädigungen, hierzu gehört vor allem der Austausch des Innenbehälters gegen einen neuen Behälter gleicher Bauart mit anschließenden Prüfungen und Inspektion nach 6.5.4.5.2 ADR,
- Wiederaufarbeitung – Austausch fester Konstruktionsbestandteile wie des Innenbehälters gegen einen Behälter, der nicht vom originalen Hersteller stammt (so genanntes Cross Bottling), was über die Prüfungen hinaus eine neue UN-Bauartzulassung bzw. -kennzeichnung verlangt.
Rechtliche Bewertung als Abfall
IBC, die in die Rekonditionierung gehen, sind kein Abfall, sondern werden – mal mit mehr, mal mit weniger Aufwand – in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt, um danach weiterverwendet zu werden. Es handelt sich also um mehr als ein Recycling der Materialien. In Deutschland ist eine abfallrechtliche Einstufung, die zuletzt 2012 im Zuge der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes diskutiert wurde, erstmal vom Tisch: der Rechtsausschuss der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) gab damals nach Besuch bei zwei Rekonditionierern eine entsprechende Empfehlung ab. In vielen Ländern Europas fällt die Rücknahme gebrauchter Industrieverpackungen hingegen unter das Abfallrecht, formal gesehen befinden sich ja noch Reste gefährlicher Stoffe in den Verpackungen.
Rücknahmesysteme
In Deutschland beschäftigt sich – neben den IBC-Herstellern – eine gesamte Branche mit der Rekonditionierung von Kombinations-IBC. Ihren Ursprung haben die Betriebe oft in der Wiederaufarbeitung von Metallfässern – daher haben viele von ihnen den Begriff "Fass" im Firmennamen –, heute behandeln die meisten Anbieter beide Verpackungsarten. Die Unternehmen sind in Deutschland in gleich drei mehr oder weniger flächendeckenden Systemen organisiert. Dies hat sich in den 90er Jahren aufgrund gewisser Differenzen zwischen den Anbietern, die ja – gerade wenn sie in derselben Region tätig sind –, auch in Konkurrenz zueinander stehen, so entwickelt (siehe auch Übersicht S. 16).
- Da ist zum Einen der Verband der deutschen Fassverwertungsbetriebe (VDF), der sich als Sprachrohr der Branche sieht. Der VDF repräsentiert, nachdem vor zwei Jahren die beiden relativ großen Unternehmen Fass-Braun aus Hagen und Witt & Co. aus Hamburg beigetreten waren, inzwischen rund 70 Prozent des Reko-Marktes. Der Verband sei inzwischen zum zentralen Ansprechpartner der Branche für Kunden und Behörden wie etwa der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) geworden, so der Vorsitzende Michael Eigner, im Hauptberuf Geschäftsführer des größten unabhängigen Rekonditionierers in Deutschland, Bayern-Fass. Man sei aktives Mitglied im BAM-Arbeitskreis "Rekonditionierer" sowie im Arbeitskreis der Verpackungsverbände, zudem in der Arbeitsgruppe "Verpackungen" des ständigen Ausschusses Gefahrgutbeförderung (AGGB) beim Bundesverkehrsministerium vertreten, wo man u.a. Einfluss auf die Auslegung und Fortschreibung der Gefahrgutvorschriften nehmen könne. Der VDF steht zwar für drei Viertel des Branchenumsatzes, ist mit derzeit neun Mitgliedsunternehmen indes nicht der mitgliederstärkste Verband der Branche.
- Zweitens ist da die Verwertungsgemeinschaft Industrieverpackungen (VIV), in der sich Mitte der 90er Jahre die vier größten Reko-Anbieter zusammenschlossen. Mit der Marke "Recotainer" wollten sich die vier Mittelständler in der Vergangenheit in Sachen Qualität von den zumeist kleineren Unternehmen der Branche absetzen. Die VIV setzt dabei auch auf Größenvorteile: Im vergangenen Jahr nahm der Verbund 2,9 Millionen Gebinde zurück – neben Kombi-IBC und Kunststofffässern waren dies vor allem Stahlfässer –, von denen man jeweils rund 75 Prozent rekonditionierte. Die VIV besteht derzeit aber nur noch aus den drei bereits genannten Unternehmen Bayern-Fass, Fass-Braun und Witt & Co, die inzwischen wie oben beschrieben alle auch dem VDF angehören. Dennoch steht die Zukunft der VIV als eigenständiges Rücknahmesystem derzeit nicht zur Disposition.
- Desweiteren gibt es auch noch einen dritten Verbund namens Verpackungsrücknahme mit System (VMS), zu dem sich Ende der 90er Jahre die eher kleineren, familiengeführten Betriebe der Branche zusammenschlossen. Sie sind heute mehr denn je von Nachwuchssorgen geplagt. Die derzeit 13 VMS-Mitgliedsunternehmen, von denen mehr als die Hälfte ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen hat, vertreiben ihre gereinigten oder reparierten IBC als "re-IBC".
Rücknahmebedingungen
Die Rücknahmebedingungen der drei Systeme sind sehr ähnlich. Alle Verpackungen müssen:
- grundsätzlich rekonditionierfähig,
- frei von gravierenden Beschädigungen und Deformationen,
- restentleert, d.h. tropffrei, spachtelrein oder rieselfrei,
- fest verschlossen mit Originaldeckel, -auslaufhahn und -verschlusskappe,
- in Bezug auf das letzte Füllgut korrekt und gut lesbar gekennzeichnet,
- bei toxischen oder stark riechenden Füllgütern neutralisiert bzw. vorgespült und dementsprechend gekennzeichnet,
- bei gefahrgutrechtlicher Zulassung mit einer gültigen UN-Codierung versehen sein.
Die Einhaltung der Bedingungen muss der Abgeber in einer verantwortlichen Erklärung bestätigen.
Rücknahmepflicht in der Praxis
Aufgrund der Verpackungsverordnung bzw. deren Novelle aus dem Jahr 1998 sind seit dem 1. Januar 2000 auch die Hersteller und Vertreiber von Verpackungen mit schadstoffhaltigen Füllgütern verpflichtet, diese zurückzunehmen. Die drei Rücknahmesysteme unterscheiden sich hinsichtlich der Rücknahmeverfahren deutlich voneinander.
- Der VDF unterhält ähnlich wie das Duale System Deutschland (DSD), das Kreislaufsystem Blechverpackungen Stahl (KBS) oder die Gesellschaft zur Rückführung industrieller und gewerblicher Kunststoffverpackungen (RIGK)ein Zeichennutzungssystem namens Rekonditionierverpackung Deutschland (RRD). Das bedeutet, dass ein Hersteller bzw. Vertreiber, um seiner Rücknahmepflicht nachzukommen, die mit seinem Produkt befüllten Verpackungen mit dem RRD-Zeichen versehen lässt und dafür ein Nutzungsentgelt an RRD zahlt. Die mit dem RRD-Zeichen versehenen Verpackungen können gewerbliche Endverbraucher an den RRD-Sammelstellen, also den VDF-Mitgliedsunternehmen, kostenlos abgegeben bzw. lassen die IBC von den Rekonditionierern abholen.
Darüber hinaus hat sich VDF/RRD gegenüber dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) verpflichtet, restentleerte Kombinations-IBC sowie Deckel- und Spundfässer aus Stahl und Kunststoff aus VCI-Mitgliedsunternehmen bzw. deren Kunden unter Einhaltung der Rücknahmebedingungen zurückzunehmen. Die für die Rücknahme anfallenden Kosten werden hier dem abgebenden Kunden unmittelbar durch die Annahmestelle in Rechnung gestellt und abgerechnet, heißt es beim VDF. Die Höhe der für die Rücknahme anfallenden Kosten richte sich dabei nach deren Rekonditionierfähigkeit, der Art des ursprünglichen Füllgutes, dem Grad der Restentleerung sowie der Absatzchance der gebrauchten Verpackung.
- Auch der VMS hat wie der VDF dem VCI eine Zusage über die Rücknahme schadstoffhaltiger Industrieverpackungen gemacht. "Ein Zeichennutzungssystem für rekonditionierte Verpackungen ähnlich dem des VDF halten wir indes aus Kostengründen nicht für sinnvoll", so der VMS-Vorsitzende Lutz Hoemske. Im Rahmen der VCI-Zusage werde nur für die Rücknahme von Verpackungen, die aufgrund des ursprünglichen Füllgutes, der mangelnden Restentleerung oder der fehlenden Absatzmöglichkeit nach einer Rekonditionierung nicht den Rücknahmebedingungen entsprechen, Kosten berechnet. Diese Kosten werden dem abgebenden Kunden unmittelbar durch den VMS-Mitgliedsbetrieb in Rechnung gestellt, der Kunde hat dann gemäß Verpackungsverordnung eigentlich Anspruch auf Erstattung der verauslagten Rücknahmekosten gegenüber dem Befüller bzw. Lieferanten. Erfahrungsgemäß läuft es dann aber so, dass wenn ein Kunde dauerhaft auf Erstattung der Rücknahmekosten besteht, der Lieferant diese Kosten zuvor auf seinen Verkaufspreis aufschlägt.
In der Praxis läuft es ohnehin etwas anders. "Solange sich die Absatzmöglichkeiten für rekonditionierte Verpackungen mengenmäßig mit den Abgabemengen in etwa ausgleichen, wird ein Kunde Vergütungen für rekonditionierfähige IBC erzielen können und auf sein Rückgaberecht gegenüber dem Lieferanten verzichten", so Hoemske.
- Die VIV betreibt die Rücknahme ganz nach dem Grundsatz der Marktwirtschaft, hier gibt es weder ein Zeichennutzungssystem noch eine VCI-Rücknahmezusage. Um einen Kombi-IBC zu bekommen, der neueren Herstelldatums, wenig verschmutzt und nicht beschädigt ist, legt ein Rekonditionierer in der Regel einen geringen Euro-Betrag auf den Tisch des Kunden. Wenn es sich um einen IBC handelt, für den ein Innenbehältertausch notwendig ist – das ist heute fast die Regel –, fließt kein Geld; schließlich sind Ersatzteile von den IBC-Herstellern, die ja grundsätzlich mit der Reko-Branche in Konkurrenz steht, auch nicht gerade günstig zu bekommen. Und wenn ein IBC insgesamt so abgenutzt und beschädigt ist, dass er die Rücknahmebedingungen nicht erfüllt und unter Abtrennung der Produktanhaftungen nur noch zerlegt und entsorgt werden kann, ist auch schon mal ein zweistelliger Euro-Betrag als Gebühr an den Rekonditionierer fällig.
Aussichten
Die Chancen, dass es zu einer Konsolidierung der dreigeteilten Branche der Rekonditionierer unter dem Dach des VDF kommt, stehen derzeit nicht schlecht. Alle VIV-Mitglieder sind inzwischen auch VDF-Mitglieder. Und zur nächsten VDF-Verbandssitzung im September wurden Mitglieder des VMS eingeladen, von denen bereits einige Interesse für eine Mitgliedschaft im VDF zeigten. Es ist ja schon bezeichnend, dass die Inhaber zweier Rekonditionierbetriebe sogar verwandt sind (Hans Friedsam Fassverwertung und Friedsam), sie aber verschiedenen Verbänden angehören.
(aus: gela 08/15, www.gefaehrliche-ladung.de)