Rundum entsorgt

Altöl – Der Schmierstoff-Aufbereiter Avista Oil sammelt u.a. über das bundesweit operierende Tochterunternehmen Karo As Umweltschutz Gebrauchtöle selbst ein. Die Tankfahrzeuge sind einheitlich designt.

| Abfälle | Fachbeiträge

Von Stefan Klein

Avista Oil bereitet jährlich mehr als 500.000 Tonnen Gebrauchtöle auf und ist damit in diesem Bereich eines der weltweit führenden Unternehmen. Die Zentrale mit den Raffinerieanlagen befindet sich in Dollbergen bei Hannover. Die Einsammlung des Altöls bei Industrie- und Gewerbebetrieben in Mitteleuropa sowie den USA besorgt das Unternehmen zum großen Teil selbst, der Kundenkreis reicht vom großen Maschinenhersteller bis zur kleinen Kfz-Werkstatt.

In Deutschland ist die Tochterfirma Karo As Umweltschutz für die Sammlung zuständig, pro Jahr holt sie 150.000 Tonnen Altöl bei mehreren zehntausend Unternehmen ab. Die 80 Tankfahrzeuge sind an ebenso vielen Standorten und mit einem jeweiligen Einzugskreis von rund 150 Kilometern über das ganze Land verteilt. "Die Fahrer sind somit jeden Abend zu Hause, oftmals nehmen sie dabei auch das Fahrzeug mit", sagt Karo As-Geschäftsführer Oliver Röpe. Wo dies etwa aus umwelt- oder kommunalrechtlichen Gründen nicht möglich ist, sind die Fahrzeuge im nächstgelegenen der 28 deutschen Tankläger stationiert. Das Unternehmen bietet für seine Berufskraftfahrer vergleichsweise kurze und feste Arbeitszeiten, gezahlt wird nach Chemietarif.

Die Tankfahrzeuge, hergestellt bei Willig Fahrzeugbau und allesamt mit ADR-Zulassungsbescheinigung, verfügen seit einigen Jahren über ein einheitliches Design. Sie sind als zwei- oder dreiachsige Alu-Kofferaufbauten mit zwei bis vier Tankkammern ausgeführt. Die größeren Fahrzeuge verfügen auch hinten über eine Lenkachse. Die selbstansaugende Drehkolbenpumpe sowie Schlauchtrommel und Armaturen, über die zwei voneinander getrennte Ansaug-/Abgabesysteme bedienbar sind, befinden sich ausschließlich an der schmalen Heckseite. Letzteres ist bei diesem Tankfahrzeugtyp deswegen so, weil die Platzverhältnisse bei vielen Kunden derart beengt sind, dass sich das Fahrzeug nur möglichst weit zurücksetzen lässt (um so an die oft stationären Abfalltanks mit den Gebrauchtstoffen zu kommen) und in dem Fall am besten von hinten bedienbar ist. Ein Tank­anhänger wird nur mitgeführt, wenn eine hohe Annahmemenge erwartbar ist.

Ihre Touren mit allen Auftragsdaten bekommen die Tankwagenfahrer aufs Firmen-Tablet geschickt. Bei den Kunden, oft handelt es sich dabei um Kfz-Werkstätten, werden – streng voneinander getrennt – die vier Sammelkategorien Altöle, Emulsionen sowie ggf. Kühler-Frostschutzmittel und Bremsflüssigkeiten geladen. Die letzten beiden Kategorien werden von Avista quasi als durchlaufender Posten der Entsorgung zugeführt – aufbereitet werden später also nur Altöle und Emulsionen, wobei die Gebrauchtöle getrennt nach den Kategorien der Altölverordnung (AltölV) in die Fahrzeuge übernommen werden. "Unsere Kunden wollen komplett mit einem Mal entsorgt werden", erklärt Röpe. Daher biete man über die Flüssigabfälle hinaus über Subunternehmer das gesamte Paket in Sachen Werkstattentsorgung an (einschließlich Ölfilter, Glas, Altreifen usw.).

An flüssigen Abfällen nimmt Karo As Umweltschutz durchschnittlich 1,3 Kubikmeter pro Kunde per Sauglanze, Schlauch und Pumpe auf. In die Tankfahrzeuge verbaute Wiegezellen sorgen für eine korrekte Erfassung und später auch Abrechnung der übernommenen Mengen. Sie sorgen zudem für einen zusätzlichen Vermischungsschutz: denn sobald eine Produktkategorie in eine Kammer gefüllt wurde, erlaubt das System für diese Kammer nur noch Befüllungen mit der gleichen Kategorie.

Vor dem Beladen von Gebrauchtölen wird stets eine Probe entnommen und der so genannte Beilstein-Test durchgeführt. Dabei werden einige Tropfen Altöl in einem kleinen Kupfergefäß entzündet: so wird vorab grob ermittelt, ob die Charge nicht deutlich zu viele Chlorverbindungen bzw. Polychlorierte Biphenyle (PCB) enthält. Ist dies der Fall, ist das Altöl nicht fürs Recycling geeignet: es entspricht dann nicht den Kategorien 2 und 4 nach Altölverordnung und muss auf anderem Wege verwertet werden.

Gefahrgutrechtliche Einstufung

In der Regel müssen die Sammeltransporte nicht gefahrgutrechtlich deklariert und gekennzeichnet werden. Nur in wenigen Fällen klassifiziert der Absender Altöl als UN 3082 (Umweltgefährdender Stoff, flüssig, n.a.g.) oder bei einem Flammpunkt von unter 61 °C als UN 3295 (Kohlenwasserstoffe, flüssig, n.a.g.).

Die Tankwagen fahren nach der Altöl-Übernahme entweder eines der Tankläger an oder einen Bahnhof bzw. Verladegleis zwecks Umladung in Kesselwagen. Auf diesem Weg gelangen die Gebrauchtöle dann in klassischen 40-Tonnen-Tanksattelaufliegern oder per Bahn zur Wiederaufbereitung nach Dollbergen. Am Standort im dänischen Kalundborg und im Tanklager Mehrum am Mittellandkanal verfügt Avista sogar über eine See- bzw. Binnenschifffahrtsanbindung zum Umschlag großer Produktmengen.

Multimodal nach Dollbergen

Bei dieser multimodalen Inbound-Logistik bedient sich Avista ausschließlich Fremdunternehmen. "Im Straßenbereich sind für uns rund 20 Tankspeditionen tätig, alle zwei oder drei Jahre gibt es neue Ausschreibungen in elektronischer Form", sagt Manfred Himmelbach, bei Avista Oil für den Bereich Logistik verantwortlich. Darunter finden sich nicht die ganz großen Flüssigbulk-Spediteure wie Hoyer, Talke und Co., wohl aber in der Branche bekannte, mittelständische Unternehmen wie Anhalt oder Lanfer. Eine Tankreinigung vor jeder neuen Anlieferung ist vorgeschrieben – das erscheint zunächst ungewöhnlich in einem Geschäft, in dem es eigentlich um Abfälle geht.

Im Bahnbereich hat Avista Oil indes nur einen einzigen wirklichen Transportanbieter: die Deutsche Bahn, die sich aber seit Jahren allgemein aus dem Einzelwagenverkehr zurückzieht. "Dabei würden wir gern wieder mehr auf die Schiene bringen", sagt Himmelbach. Früher verfügte man über 260 eigene Kesselwagen, heute seien es nur noch 75, zum Teil angemietet.

Die Tankzug-Anlieferungen nach Dollbergen erfolgen getaktet nach einem Zeitfenster-Management. Nach Einfahrt auf das Raffineriegelände werden die Ladungen zunächst kammerweise durch ein Labor beprobt. Der Inhalt einer Kammer stammt zwar meist von mehreren Kunden – durch die bereits bei der mobilen Sammlung erfolgte Probenahme ist aber eine Rückverfolgbarkeit sichergestellt, sollte sich eine Ladung doch einmal als nicht recyclingfähig erweisen. Aufbereitungsfähige Gebrauchtöle werden gemäß ihres Wasser- und PCB-Gehalts in drei Kategorien gemäß AltölV eingeteilt und in Vorlagetanks entladen.

Mehrfache Destillation

Bei der Wiederaufbereitung von Gebrauchtölen verwendet Avista mehrere Verfahrensstufen: Zunächst werden diese in der Grunddestillation unter leichtem Vakuum entwässert, neben Wasser werden leichtflüchtige Kohlenwasserstoffanteile (zum Beispiel Naphtha) bis auf einen Restgehalt von 0,1 bis 0,2 Prozent abgetrennt. Das Trockenöl wird dann einer Flashdestillations­anlage zugeführt, wo es von Gasölanteilen befreit wird, bevor die gewünschten Rohdestillate mit Siedebereichen zwischen 320 °C bis 540 °C entstehen. Die hier anfallenden Rückstände, das so genannte Bodenprodukt, beinhaltet im Wesentlichen die im Altöl zuvor enthaltenen Rußpartikel und Schwermetalle. Es geht von Dollbergen aus entweder temperaturgeführt zu Asphaltproduzenten oder in die thermische Verwertung.

In den Rohdestillaten sind immer noch unerwünschte Bestandteile enthalten: Polyzyklisch Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), kleine Schmutzpartikel und instabile organische Verbindungen. Die Fraktionen werden daher mit einem geeigneten Lösungsmittel in der Erweiterten Selektiv-Raffination behandelt, wobei die unerwünschten, später zur Energieerzeugung eingesetzten Stoffe herausgelöst werden. Das Verfahren ist nach Ansicht von Avista effizienter als andere Verfahren in der Re-Raffination von Gebrauchtölen: Im Ergebnis werde ein Basisöl in drei verschieden viskosen Fraktionen zurückgewonnen, das in entscheidenden Leistungsindikatoren das Pendant aus der Rohölraffination sogar übertreffe und dabei durch die nachhaltige Kreislaufwirtschaft auch die Umwelt schont. Denn es bleiben nicht nur die wiederverwertbaren Komponenten der synthetischen Öle erhalten, auch das Lösemittel wird anschließend wiederaufbereitet und kann fast beliebig oft eingesetzt werden.

Das durch die mehrstufige Re-Raffination gewonnene Basisöl namens "Kernsolvat" geht entweder als Bulk-Ware hinaus an andere Schmierstoff-Hersteller oder in Avistas eigene, an die Raffinerie angegliederte Schmierstoffproduktion. Hier werden in der Mischerei je nach späterem Einsatzzweck bestimmte Additive zugesetzt und so Hydraulik-, Getriebe- oder Motorenöle produziert und in Gebinde von der Ein-Liter-Flasche bis zum IBC abgefüllt.

Idealerweise erledigt Avista somit gerade für Industriekunden sowohl die komplette Ver- als auch die Entsorgung mit Schmierstoffen, gepaart mit fachkundiger Beratung. "Bei den eingesetzten Schmierölen gibt es etliche Spezifikationen", erläutert Himmelbach. Leistungsparameter sind u.a. das Schaum-, Korrosions- und Viskositäts-Temperatur-Verhalten sowie die Schmierfilmausbildung, der Verdampfungsverlust und abhängig davon das Wechselintervall. Öl ist also nicht gleich Öl, nur weil es schmiert.

(aus: gela 09/17, www.gefaehrliche-ladung.de)

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